Redebeitrag von Burkhard Paetzold, Fraktionsvorsitzender B90/Grüne im Kreistag Märkisch-Oderland zur Diskussion des Haushaltsentwurfs 2008 im Kreistag am 13.2.08 Sehr geehrte Damen und Herren. Wir sind ja als kleine Fraktion weder im Haushalts- und Finanzausschuss noch im Kreisausschuss vertreten. Wahrscheinlich sind wir dadurch aber auch -anders als die großen Fraktionen – eher in der Lage all die sogenannten Sachzwänge einmal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Kreisumlage Unsere Fraktion wird die von Ihnen vorgeschlagene Erhöhung der Kreisumlage nicht mittragen und ich will kurz erläutern warum: Wir haben gehört: Der Hebesatz der Kreisumlage wurde erhöht und „erst später wurden dann auch die ebenfalls erhöhten Umlagegrundlagen bekannt“. Anstatt das nun zum Anlass zunehmen, den Hebesatz wieder nach unten zu korrigieren, hat man sich gesagt, „was ich hab, hab ich“. Da gibt es das Argument „steigende Sozialkosten“, dem sich scheinbar niemand entziehen kann. Früher konnten wir uns damit trösten, dass das Fehlen des Solidarprinzips bei der Kreisumlage ja quasi durch eine Art „Hebesatz“ bei der über den Kreis abgewickelten Investitionszulage wenigsten im Ansatz ausgeglichen werden konnte. Jetzt ist das ja vorbei, denn alle Investitionszuweisungen gehen direkt an die Kommunen. Subsidiarität „Subsidiarität“ ist ein Stichwort, das wir alle spätestens seit der Aufnahme unserer Tätigkeit als Kommunalvertreter vorwärts und rückwärts buchstabieren können müssten. Anstatt als Kreis Aufgaben an uns zu ziehen (wie z.B. bei der Kitaanspruchsbearbeitung), die eben viel effizienter vor Ort in den Kommunen bearbeitet werden können, anstatt also Kosten für solche Aufgaben zu übernehmen und dann nach einer höheren Kreisumlage zu rufen, sollten wir uns so schnell wie möglich von allen - aber auch wirklich allen - Aufgaben trennen, die die Kommunen ebenfalls und besser machen können. Das ist nicht nur für unseren kreislichen „Geldbeutel“ gut, sondern auch aus Sicht der Kommunen ein Gegensteuern zu der vielfach beklagten Politikverdrossenheit. Der Gemeinderat Vierlinden schreibt an uns Kreistagsabgeordnete: „Das grundgesetzlich garantierte Recht auf kommunale Selbstverwaltung ist ein hohes Gut, an dessen Schutz alle Bürger ein hohes Interesse haben sollten. Die Kommune ist das Fundament unseres Gemeinwesens. In der Gemeinde entwickelt sich der dringend erforderliche Bürgersinn. Bürgerschaftliches Engagement wird zukünftig mindestens genauso dringend benötigt wie heute. Die Ausübung des Rechtes auf kommunale Selbstverwaltung erfordert eine finanzielle Grundausstattung. Pflichtige Aufgaben hat nicht nur der Kreis sondern auch die Gemeinde zu erfüllen.“ In der Stärkung der Verantwortung vor Ort liegt also die wirkliche Alternative zur Erhöhung der Kreisumlage. Spare mit jedem Pfennig - koste es was es wolle! Inder DDR gab es ein geflügeltes Wort:„Spare mit jedem Pfennig - koste es was es wolle!“ Mir scheint dieses Prinzip im Sozialbereich unseres diesjährigen Haushaltsentwurfs wiederbelebt worden zu sein: Wir klagen über steigende Sozialkosten - aber wir sparen bei den vorbeugenden Projekten. (z.B. bei der Offenen Altenarbeit oder bei ambulanten sozialen Diensten) Wir klagen über die Verpflichtung des Kreises, die sehr teuren Heimkosten zu bezahlen - kürzen aber die ambulanten Maßnahmen, die einen Bruchteil der Kosten verursachen und Menschen befähigen, anstatt ins Heim zu gehen, selbständig in Ihrer Wohnung zu leben. Nachhaltigkeit Die Vorsitzende des Haushalts- und Finanzausschusses, Frau Ehling, hat zu recht von Nachhaltigkeit als einem Schlüsselkriterium der Haushaltsführung gesprochen. Wäre es unter dieser Prämisse nicht eigentlich sinnvoll, mehr Geld in vorbeugende ambulante Projekten zu investieren, um endlich von den hohen stationären Sozialkosten runterzukommen? Müsste nicht damit eher heute als morgen begonnen werden? Wir legen Ihnen deshalb heute einen Änderungsantrag vor, mindestens die Kostenplanung wie 2007 in der ambulanten Sozialarbeit beizubehalten. Im Unterschied zu unserem Landkreis hat der Landkreis Oder-Spree das begriffen und geplant, erheblich mehr in vorbeugende Sozialmaßnahmen zu investieren, obwohl, oder soll ich lieber sagen, WEIL auch LOS, wie wir, ein hohes Haushaltsdefizit hat. Ich kenne Ihren Hinweis auf das Regionalbudget. „Kommunal-Kombi“ heißt das Zauberwort. Hört sich ja irgendwie besser an als ABM oder MAE, aber ist mit ziemlicher Sicherheit im Hinblick auf soziale Projekte in gleicher Weise begrenzt: Unsere Erfahrung sagt uns nämlich, das reguläre fachlich kompetente Stellen im Sozialbereich nicht durch solche Maßnahmen ersetzt werden können, aber wir hoffen immer noch blauäugig auf ein Wunder.